Interviews

Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Interviews mit unterschiedlichen KMU aus Österreich & Bayern

Ergebnisse der qualitativen Befragung

In den folgenden Abschnitten werden die Ergebnisse der Interviews anhand des fünf Stufen Models genauer erläutert. Dabei werden die Ergebnisse je Stufe in einem eigenen Abschnitt dargestellt.



Stufe 1: Datenqualität und -verfügbarkeit

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Die Befragung zeigte folgende Ergebnisse:

  • Die Datenverfügbarkeit ist in so gut wie jedem der befragten Unternehmen ausreichend hoch, um eine datenbasierte Analyse durchführen zu können.
  • Daten sind nur bis zum direkten Lieferanten und direktem Abnehmer verfügbar.
  • In den Unternehmen sind kaum ausreichend Daten verfügbar, die sich über mehrere Netzwerkstufen erstrecken.
  • In einzelnen Ausnahmefällen ist das Netzwerk und die Branche darauf ausgelegt, eine bessere Datenverfügbarkeit zu generieren. Die befragten Unternehmen waren dabei meist in einem Teilbereich der Automobilbranche tätig, in denen der OEM die Netzwerkteilnehmer aktiv lenkt.

Die Datenqualität kann wie folgt beschrieben werden:

  • Die Datenqualität wird in keinem der befragten Unternehmen aktiv gemessen.
  • Die Datenqualität wird erst hinterfragt, wenn Fehler oder Probleme auftreten.
  • Mit der vorhandenen Datenqualität kann das Tagesgeschäft abgewickelt werden.

Die Datenform und der Datenfluss können wie folgt beschrieben werden:

  • Je einheitlicher die Form der Daten ist, desto besser können diese dann auch in Analysen verarbeitet werden.
  • Die Form der Daten ist in den meisten befragten Unternehmen sehr heterogen. Das Spektrum reichte dabei von EDI-Anbindungen, über Excel Dateien und eMails, bis hin zu Daten, die in Papierform verfügbar sind.
  • Bei strategisch wichtigen Partnern ist es meist das Ziel der Unternehmen, die Daten mittels EDI-Anbindung zur Verfügung zu haben.
  • Bis jetzt haben nur wenige Unternehmen standardisierte und automatisch generierte Daten. Die meisten Unternehmen befinden sich erst in der Umsetzungsphase oder haben es als Ziel, in der Zukunft ihre Datenstrukturen zu verbessern.
  • Der Datenfluss in den Unternehmen ist noch nicht automatisiert, und besteht nur zu den direkt vor- bzw. nachgelagerten Netzwerkpartnern.
  • Schnittstellen sind vorhanden. Daten sind gespeichert in vielen verschiedenen Systemen und bei externen Partnern.
  • Ein Großteil der befragten Unternehmen fände einen stärkeren Datenaustausch mit den Netzwerkpartnern förderlich.


Stufe 2: Netzwerk - Struktur

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Die zweite Stufe betrachtet die Netzwerkstrukturen der Unternehmen. Hierbei soll bewertet werden, inwiefern die Unternehmen den Netzwerkgedanken leben und wie sie im Netzwerk arbeiten.

Im ersten Schritt wurde dabei der Fokus auf die Wertschöpfungskette der Unternehmen gelegt. Der Aufbau der Wertschöpfungskette wurde betrachtet und die Befragung zeigte folgende Ergebnisse:

  • Die Unternehmen sind sich bewusst, welche Stufe in der Wertschöpfungskette sie einnehmen.
  • Die wenigsten befragten Unternehmen wissen exakt von welchen Produzenten die Rohstoffe ihrer Produkte kommen oder welche Endkunden ihre Produkte kaufen. Die einzigen beiden Stufen, über die der Großteil der Unternehmen genauere Informationen hat, sind die direkten vor- und nachgelagerten Netzwerkstufen.
  • Einige Unternehmen sagten aus, dass es ihnen gleichgültig ist, ob die Produkte von Produzent A oder B kommen, solange die Faktoren Preis, Qualität und Termin passen.
  • Lediglich Unternehmen, die durch ihr Netzwerk oder ihre Produkte angehalten werden, sich an bestimmte Qualitätsnormen zu halten oder sich Zertifikate zu sichern sind durch diese gefordert, sich weitere Informationen zu einzelnen Partnern entlang der Wertschöpfungskette einzuholen.
  • Persönlicher Kontakt und geografische Nähe zu den Lieferanten war für viele der befragten Unternehmen sehr wichtig. Dies wurde durch Vertrauen, Flexibilität und kürzere Lieferwege argumentiert.

Im Bereich der Netzwerkstrukturen war das Ziel herauszufinden, wie die Unternehmen mit kritischen Punkten in ihren Netzwerken umgehen. Dabei ergaben sich folgende Ergebnisse:

  • Bezugnehmend auf kritische Punkte in der Wertschöpfungskette sagte der Großteil der befragten Unternehmen aus, dass diese sich hauptsächlich in den unternehmensexternen Strukturen befinden.
  • Es können zum einen die Lieferanten und die benötigten Ressourcen zur Produktion, aber zum anderen auch die Speditionen und deren Transportressourcen sein.
  • Keines der befragten Unternehmen nutzt eine Netzwerkanalyse, um kritischen Punkte frühzeitig zu erkennen. 
  • Ein Teil der Unternehmen wartet erst bis ein Problem auftritt, um auf dieses zu reagieren.

Der letzte Punkt, der in dieser Stufe der Analyse betrachtet wurde, richtete seinen Fokus auf die Netzwerkstrategien von Unternehmen. Bezugnehmend auf diese Strategien lassen sich die Unternehmen in drei Kategorien  unterteilen:

Typ 1
  • Verfolgt keine fest definierte Strategie.
  • Hat keine definierten Ziele, die auf Basis der Unternehmenskultur verfolgt werden.
Typ 2
  • Steuert das Netzwerk bewusst nach einer Strategie.
  • Großer Unterschied zu Typ 1 liegt in der bewussten Zielbildung.
Typ 3
  • Verfolgt eine definierte Netzwerkstrategie.
  • Strategie wird aber nicht von Unternehmen selbst definiert, sondern wird von Partnern mit Konzernstrukturen oder dominanten Branchen vorgeben.


Stufe 3: Bestände und Flüsse im Netzwerk

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Die dritte Stufe der Untersuchung beschäftigte sich mit den Beständen und Flüssen im Netzwerk. Die Untersuchung zeigte dabei folgende Ergebnisse in Bezug auf die Lagerhaltungspolitik der Unternehmen:

  • Bestellungen werden anhand von Mindestbeständen ausgelöst.
  • Das Auslösen der Bestellungen erfolgt teilweise noch manuell.
  • Kritische Teile oder Teile, bei denen es zu Versorgungsproblemen kommen kann, werden mit Rahmenverträgen eingekauft, um sich im Vorhinein den Jahresbedarf zu sichern.
  • Unternehmen binden ihre Lieferanten oder Kunden nicht aktiv in die Lagerhaltungspolitik ein.
  • Lagerformen wie Konsignationslager oder Supplier-managed Inventory kamen bei den befragten Unternehmen kaum zum Einsatz.

Der Materialfluss kann anhand der Untersuchung wie folgt beschrieben werden:

  • Unternehmen war es egal von welchen Vorlieferanten ihre Rohstoffe und Produkte kommen, solange die Teile zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der richtigen Qualität verfügbar sind.
  • Bei direkten Vorlieferanten wird auf Regionalität geachtet, um die Lieferwege kürzer zu halten und die Prozesse flexibler zu gestalten.
  • Nur bei immer wiederkehrenden Fehlern werden auch die Netzwerkstufen davor betrachtet. Hier ist es anhand von Teilenummern, Produktionsdatum und Chargennummer möglich Informationen zu den Lieferanten und Stufen davor herauszufiltern.
  • Es existieren kaum Informationen zu Lagerständen und Verfügbarkeiten bei Lieferanten und Kunden.
  • Vielen Unternehmen würden Informationen zu Beständen und Verfügbarkeiten von ihren Lieferanten weiterhelfen. Im Netzwerk ist aber die Offenheit und das Vertrauen bis jetzt noch nicht gegeben, um diese Daten zu teilen.

Zum Abschluss dieser Stufe wurde noch betrachtet, inwiefern Visualisierungen und Auswertungen zur Anwendung kommen. Dabei zeigte die Untersuchung folgende Ergebnisse:

  • Bei KPIs liegt der Hauptfokus auf der Liefertreue und der Qualität.
  • Wenn die Faktoren Liefertreue und Qualität erfüllt werden, sind Unternehmen bereit mehr zu bezahlen.
  • Auswertungen zum Materialfluss werden nur bei Bedarf durchgeführt.
  • Visualisierungen finden kaum Anwendung. Unternehmen sagten aber aus, dass Visualisierungen bei der Identifikation von Engpässen und kritischen Punkten helfen könnten.


Stufe 4: Performance des Netzwerkes

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Die vierte Stufe betrachtet die Performance des Netzwerks. Es soll identifiziert werden, wie sich die Performance des Netzwerks in den Unternehmen definiert. Dabei zeigt die Untersuchung folgende Ergebnisse:

  • Die Performance des Netzwerks definiert sich in den Unternehmen aus der Pünktlichkeit und der Qualität der Produkte/Lieferungen.
  • Andere Faktoren werden nicht herangezogen. Nur wenn es zu Problemen kommt, wird genauer nachgeforscht woher diese stammen.


Stufe 5: Optimierungen

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Die letzte Stufe der Analyse beschäftigt sich mit Optimierungen, die auf Basis von Daten in Wertschöpfungsnetzwerken durchgeführt werden können. Folgende Ergebnisse zeigte die Untersuchung:

  1. Ein Großteil der Unternehmen kann sich vorstellen, dass auf Basis von Daten Optimierungen in den Netzwerken erzielt werden können.
  2. Beispiele für Optimierungspotenziale, die genannt worden sind:
    • Prozessoptimierungen
    • Nachhaltigkeits- und Effizienzoptimierungen im Transportwesen
    • Senkung der Kapitalbindung
    • Erhöhung der Transparenz der Abläufe im Netzwerk
    • Identifikation von Engpässen und kritischen Punkten
  3. Keines der befragten Unternehmen führte Optimierungen durch. Dies kann anhand von drei Gründen erklärt werden:
    • Fehlendes Know-How: Dieses muss extern zugekauft werden.
    • Fehlende Datenbasis: Keine ausreichend große Datenbasis vorhanden, die das gesamte Netzwerk oder größere Teile davon abbildet.
    • Fehlende Motivation: Neben der fehlenden Motivation zur Umsetzung ist auch ein fehlendes Verständnis vom Nutzen erkennbar.


Zusammenfassung

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Diese Untersuchung zeigt, inwiefern Klein- und Mittelunternehmen im Raum Bayern, Salzburg und Oberösterreich datenbasierte Analysen und Optimierungen anwenden, um ihre Netzwerkstrukturen zu optimieren. Dazu wurden 18 Klein- und Mittelunternehmen befragt, die im produzierenden Gewerbe tätig sind oder Dienstleister dieses Gewerbes sind. Die Daten aus diesen Befragungen sind anschließend mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet worden. Aus den Befragungen ging hervor, dass die Klein- und Mittelunternehmen nur über eine begrenzte Datenbasis ihres Netzwerkes verfügen. Diese erstreckt sich meist nur bis zu den direkt vorgelagerten Lieferanten bzw. nachgelagerten Kunden. Die Vorlieferanten oder die Endkunden wurden nur in seltenen Fällen betrachtet. Ein stark ausgeprägter Netzwerkgedanke fehlt in den Unternehmen. Ebenso war der Datenaustausch in den Netzwerken kaum gegeben. Die Unternehmen tauschten unter sich nur die nötigsten Daten aus. Das Vertrauen, um Daten in großen Mengen entlang der Wertschöpfungskette zu teilen, fehlt noch. Aussagekräftig ist, dass sich unter den befragten Unternehmen keines befand, das zur Zeit der Analyse aktiv datenbasierte Analysen verwendet, um ihr Netzwerk zu analysieren oder zu optimieren. Zurzeit kämpfen die Unternehmen noch mit Problemen, die sich auf der Stufe der Datenqualität und Datenverfügbarkeit befinden. Die Daten befinden sich in vielen verschiedenen Systemen und sind bei vielen verschiedenen Partnern gespeichert. Deshalb fehlt noch eine lückenlose Datenbasis, um datenbasierte Analysen durchführen zu können.



Methodik

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Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden mittels eines qualitativen Forschungsansatzes erhoben. Insgesamt wurden dafür 18 leitfadengestützte Interviews mit Klein- und Mittelunternehmen durchgeführt. Die Branche der Unternehmen beschränkte sich dabei auf das produzierende Gewerbe und dessen Dienstleister.

Die Experteninterviews selbst wurden mittels eines Interviewleitfadens durchgeführt, der auf dem fünf Stufen Model des Projektes basiert. Um die in dem Interview erhobenen Daten zu sichern, wurde ein wörtliches Transkript der Audiodateien erstellt. Die Interviews selbst wurden anonymisiert, um eine unvoreingenommene Analyse zu garantieren und die Datenschutzrichtlinien einzuhalten. Im Falle von grammatikalisch nicht korrekten Sätzen wurden diese im Sinne der Lesbarkeit überarbeitet, wobei Augenmerk darauf gelegt wurde, den Inhalt der Aussage nicht zu verfälschen. Die Auswertung der Datenbasis erfolgte anschließend mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse, in der die Aussagen kategorisiert und bewertet wurden.